Mein guter Grund

Interview in der „wirzeit“ 01/2024:

»Gott und ich arbeiten zusammen!«

Wie war Ihr bisheriger Werdegang?
Ich bin 1960 in Lippstadt geboren und habe dort meine Ausbildung
zur Krankenschwester gemacht. Schon damals war das für mich eine
Berufung. Weil ich heimatverbunden bin, ging ich danach ans Klinikum Lippe in Detmold, wo ich seit 1981 in der Urologie arbeite. Schon nach kurzer Zeit durfte ich dort die Stationsleitung übernehmen. Von 2010 bis 2012 habe ich mich zur Onkologie-
und Palliativ-Pflegefachkraft weiterqualifiziert.

 

Wie begleiten Sie krebskranke Menschen neben der medizinischen Betreuung?
Zuwendung und Zuhören sind mir wichtig. Ich nehme mir Zeit für die
Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten, hole zum Beispiel auch
mal ein Eis. Ich schaue nach, wie es ihnen geht. Die Patienten sind dankbar für diese Freundlichkeit. Meine Arbeit ist nah und intensiv am Menschen, wenn möglich auf Augenhöhe.

 

Was sind Ihre guten Gründe?
Für mich ist das die Freude in den Augen des anderen Menschen, wenn es ihm besser geht. Ich bin im Palliativen Netzwerk, da hat man immer auch mit Glauben, Hoffnunggeben und Mutmachen zu tun. Der liebe Gott gibt mir selbst Kraft und Mut. Dadurch habe ich im Leben viele Dinge geschafft. Ja, Gott und ich, wir arbeiten zusammen.

 

Was sind Ihre Kraftquellen angesichts Ihres kräftezehrenden Berufs?
Manchmal fahre ich nach Marienmünster. Dort in der Kirche zu sitzen,
gibt mir Kraft. Der Kreuzweg draußen zeigt mir: Auch andere haben
schwer zu tragen. Das erdet mich. Musik und Tanzen sind für mich wie Medizin. Und ich liebe Wandern in der Natur.

 

Was ist vom Applaus für Pflegekräfte während der Pandemie geblieben?
Persönlich gab es von den Patientinnen und Patienten schon vorher
„Applaus“. Öffentlicher Applaus tut gut, hilft aber nicht bei Personalmangel. Ich bin besorgt, dass in der Pflege zu sehr gerechnet wird, obwohl der Mensch im Mittelpunkt stehen muss. Menschen werden immer älter. Gerade in der Pflege müssen wir ihre Würde bewahren.

 

Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Kirche?
Ich fände es gut, wenn Priester heiraten dürften. Ein Geistlicher erzählte einmal von seinen vielen Gesprächen mit Eheleuten, Familien und Kindern. Natürlich könne er sich in deren Lebenswelt hineinversetzen, aber deren Erfahrungen teile er nicht.

 

Welches ist Ihr Lieblingsmotiv der Initiative „1000 gute Gründe“?
Der Grund Nr. 205 „Bei Gott sind wir alle Gast“ drückt für mich Wertschätzung und ein Angenommensein aus, unabhängig davon, wer wir sind oder woher wir kommen. Für mich ist das eine Aufforderung, anderen Menschen Gutes zu tun und sie zu bestärken.

 

Jutta Garbe, Krankenschwester am Klinikum Lippe in Detmold